Innenministerkonferenz sieht Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung am Limit - IMK mahnt dringend notwendige Investitionen in den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz - Einig gegen Straftäter unter den Klimaaktivisten

02.12.2022

Die Innenministerkonferenz hat heute ihre Herbstsitzung beendet und nach den Worten ihres Vorsitzenden, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, eine intensive und themenreiche Tagung hinter sich. Im Mittelpunkt standen die Diskussionen über die Flüchtlings- und Asylpolitik sowie die Forderungen der Innenminister nach weiterhin dringend notwendigen Investitionen im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Bekräftigt haben die IMK-Teilnehmer, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Straftaten von Klimaaktivisten wie Nötigungen, Gefährdungen des Straßenverkehrs, Missbrauch von Notrufeinrichtungen und Behinderungen von Hilfeleistungen zügig und konsequent zu ahnden.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung – Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine und die steigende Zahl von Asylbewerbern aus anderen Ländern – sehen die Innenministerinnen und Innenminister vor allem die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung an ihrer Belastungsgrenze. Herrmann: „Die Städte und Gemeinden in Deutschland sind am Limit. Wir fordern vom Bund deshalb, sich nicht nur zu seiner finanziellen Verantwortung im Bereich der Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu bekennen. Sondern es muss auch weitere konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Länder geben. Und: Wir müssen den Zugang von Flüchtlingen einschließlich der nach wie vor erheblichen, irregulären Sekundärmigration begrenzen.“

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg, eine mögliche Energiemangellage aber auch Ereignisse wie die verheerenden Hochwasserlagen im Jahr 2021 vor allem an Ahr und Erft sehen die Innenminister und Innenministerinnen weiterhin dringenden Bedarf, Zivil- und Katastrophenschutz konsequent weiterzuentwickeln und zu stärken. Daher hat die IMK ihre Forderung aus der Frühjahrskonferenz bekräftigt, dass der Bund innerhalb der nächsten zehn Jahre rund zehn Milliarden Euro für einen Stärkungspakt Bevölkerungsschutz bereitstellt. „Wir fordern spätestens ab 2024 ein tragfähiges Konzept, nachdem der Bundeshaushalt im Jahr 2023 Kürzungen statt Mittelsteigerungen vorsieht.“ Unbedingt voranbringen will die IMK auch Maßnahmen zur Warnung der Bevölkerung durch eine flächendeckende Sireneninfrastruktur. Herrmann: „Ein modernes Sirenennetz ist – neben Cell Broadcast – unverzichtbar für eine effektive Warnung der Bevölkerung. Wir sind deshalb übereingekommen, dass das zum Jahresende auslaufende „Sonderförderprogramm Sirenen“ verstetigt und mit erheblichen neuen Mitteln ausgestattet werden muss.“

Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärt: „Wir haben seit Beginn des verbrecherischen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auch eine veränderte Sicherheitslage in Deutschland. Wir nehmen die aktuellen Bedrohungen sehr ernst – und handeln! Wir stärken die Cybersicherheit, den Schutz kritischer Infrastrukturen und den Bevölkerungsschutz.

Wir machen unser Land krisenfester. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erhält im gerade beschlossenen Bundeshaushalt für das nächste Jahr 146 neue Stellen und wächst damit um ein Drittel. Wir als Bund investieren! Aber genauso wichtig ist: Auch die Länder sind gefordert, in diesem Bereich klassischer Länderzuständigkeiten massiv zu investieren.

Ich habe den Schutz von Frauen an öffentlichen Orten zum Thema dieser IMK gemacht. Unsere große BKA-Dunkelfeldstudie hat gezeigt: Mehr als die
Hälfte der Frauen meidet nachts bestimmte Orte, um sich vor Kriminalität zu schützen. Das zeigt: Wir müssen handeln, um Frauen besser zu schützen und die Angst vor Übergriffen zu nehmen. Wir brauchen mehr Präsenz von Sicherheitskräften in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich habe auch dafür geworben, für eine höhere Präsenz der Landespolizeien an kriminalitätsbelasteten Orten zu sorgen. Und wir brauchen mehr Videoüberwachung an Orten, an denen Straftaten begangen werden.

Beim Umgang mit Straftaten von Klimaaktivisten waren wir uns sehr einig: Diese Aktionen zerstören wichtige gesellschaftliche Akzeptanz für den Kampf gegen den Klimawandel. Wenn Straftaten begangen werden und andere Menschen gefährdet werden, ist jede Grenze legitimen Protests überschritten. Die Straftäter müssen konsequent verfolgt werden.“

Niedersachsens Minister für Inneres und Sport und Sprecher der sozialdemokratisch geführten Innenressorts, Boris Pistorius, betont: „Wir haben in München teils auch kontrovers diskutiert. Ich freue mich darüber, dass es an den meisten Stellen gelungen ist, Kompromisse und tragfähige Lösungen zu finden. Wir leben angesichts des Kriegs in der Ukraine, der Energiekrise aber auch der Herausforderungen durch den Klimawandel in innenpolitisch extrem anspruchsvollen Zeiten. Darum ist es wichtig, dass wir uns im Kreis der Innen-Ressortchefinnen und -chefs einig sind. Gerade in den Bereichen des Bevölkerungsschutzes und der Cyberangriffe wird es zukünftig immer mehr darum gehen, sich gemeinsam und abgestimmt – auch mit der EU und der Bundeswehr - den Bedrohungen zu stellen.“

Der Sprecher der CDU/CSU-Innenminister und -ministerinnen, Hessens Innenminister Peter Beuth, begrüßte die Einigkeit der Innenministerkonferenz im Kampf gegen Kindesmissbrauch. „Es geht ein wichtiges Signal von dieser IMK aus, die sich über Parteigrenzen hinweg geeint dafür ausspricht, dass wir längere Speicherfristen von IP-Adressen dringend brauchen, um den sexuellen Missbrauch von Kindern im Internet besser und effektiver verfolgen zu können.“ Im Hinblick auf den Umgang mit
den Straftaten der sogenannten „Letzten Generation“ sagte Innenminister Peter Beuth: „Wir haben uns darauf verständigt, dass die Sicherheitsbehörden des Bundes ein umfassendes Lagebild über die Gruppierung und deren Straftaten erarbeiten. Angesichts der steigenden Intensität und Radikalität der gezielt begangenen Straftaten dieser Gruppierung müssen wir sie wachsam in den Blick nehmen und künftig womöglich als kriminelle Vereinigung behandeln. Jedenfalls sehen die unionsgeführten Innenminister die Notwendigkeit, dass diesem Verdacht, der sich aufdrängt, nachgegangen wird.“

Anlässlich der aktuellen Verurteilung des 39-Jährigen Hauptangeklagten in Kaiserslautern haben die Innenminister und Innenministerinnen heute auch der beiden in Kusel ermordeten Polizeibeamten gedacht, die während ihres Nachtdienstes am 31. Januar dieses Jahres hinterhältig erschossen wurden. „Dieser Tag bleibt für uns alle ein Tag schmerzlicher Erinnerung und der Trauer. Diese brutale Gewalttat führt uns auf drastische Art und Weise vor Augen, welchen Gefahren unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei der Ausübung ihres täglichen Dienstes ausgesetzt sind“, sagte der IMK-Vorsitzende Joachim Herrmann. Die IMK-Teilnehmer zeigten sich erleichtert, dass der Mörder zur lebenslanger Haft verurteilt wurde und die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde. Damit sei eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren ausgeschlossen.