Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hat heute zu einem Festakt zum 75-jährigen Jubiläum des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz in den Landtag eingeladen. In seiner Ansprache hob er den Verfassungsschutz als wesentlichen Bestandteil der Sicherheitsarchitektur hervor: "Er ist ein moderner Dienstleister für die Öffentlichkeit, die Politik und für andere Sicherheitsbehörden. Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz ist – ebenso wie die anderen Landesämter und das Bundesamt – für die Wahrung der Demokratie schlichtweg unverzichtbar." Das Landesamt zeichne sich durch fachliche Expertise, einen verantwortungsvollen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Instrumentarien und engagierte, hochqualifizierte Beschäftigte aus.
Am 1. November 1950 wurde das Landesamt als eigenständige Behörde ins Leben gerufen – und ist seitdem von 26 auf rund 600 Beschäftigte und damit zur größten Landesbehörde für Verfassungsschutz in Deutschland angewachsen. "Dieser Aufwuchs ist ein Spiegelbild sowohl der gesellschaftlichen Entwicklung und der Geschichte unseres Landes als auch der sich ändernden Aufgaben des Verfassungsschutzes", betonte Herrmann. Während das Landesamt anfangs den Auswirkungen des Kalten Krieges gegenüberstand, kristallisierten sich in den 1970er bis 1990er Jahren die Terrortaten der RAF und der wachsende Rechtsextremismus sowie Anfang der 2000er Jahre schließlich der islamistische Extremismus als Bedrohungen heraus. "Heute ist der Verfassungsschutz mit vielfältigen Bedrohungen gleichzeitig konfrontiert, bei denen oftmals die bisher bestehenden Abgrenzungen zwischen den Phänomenbereichen verschwimmen. Viele neue Akteure übernehmen ideologische Versatzstücke und konstruieren daraus eigene demokratiefeindliche Gedankengebilde gegen 'die da oben'. Befeuert wird das alles noch durch gezielte, häufig im Auftrag ausländischer Mächte gesteuerte, Desinformation."
Ein moderner Verfassungsschutz müsse für die Innere Sicherheit laut Herrmann personell, technisch und auch befugnisrechtlich gut aufgestellt sein: "Die Nutzung KI-gestützter Analyseinstrumente oder der bislang nicht mögliche Zugriff auf die Kommunikation in verschiedenen Messengerdiensten darf kein Tabu mehr sein. Es stößt in der Bevölkerung zunehmend auf Befremden, dass viel zu oft der Hinweis auf eine akute Anschlagsgefahr von einem ausländischen Nachrichtendienst kam." Darüber hinaus werde eine gefahrenangepasste Analyse- und Reaktionsfähigkeit zunehmend zu einer Frage der nationalen Souveränität. Gleichzeitig unterliege keine andere Sicherheitsbehörde einer so starken und effizienten Kontrolle, darunter etwa die ministerielle Fachaufsicht, die Gerichte, das Parlamentarische Kontrollgremium, und der Datenschutzbeauftragte. "Klar ist: Der Verfassungsschutz ist weder eine 'Datenkrake', die anlass- und unterschiedslos Daten von jedem einzelnen Bürger sammelt, noch ein 'Gesinnungsschnüffler', der im Auftrag der Regierung unliebsame Meinungen ausspähen und unterdrücken soll", erklärte Herrmann.
