Bayerns Innenminister Joachim Herrmann besucht Himbeerpalast in Erlangen als vorübergehende Notunterkunft für Flüchtlinge - Zugangszahlen im Asylbereich wieder enorm angestiegen - Scharfe Kritik an Aufnahmezusagen des Bundes zu Lasten der Länder

29.07.2022

Bayerns Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann hat bei der Besichtigung des "Himbeerpalastes" in Erlangen, der derzeit als vorübergehende Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wird, auf die starke Beanspruchung der staatlichen Asylunterkünfte in Bayern hingewiesen. Neben den mehr als 148.000 ukrainischen Flüchtlingen, die seit März 2022 in Bayern registriert wurden, seien auch die regulären Zugangszahlen im Asylbereich wieder enorm angestiegen.  „Die bayerischen ANKER-Zentren sind zu mehr als 90 Prozent ausgelastet. Auch vielen Ukrainern ist es nicht möglich, sich selbst am freien Markt Wohnraum zu beschaffen", sagte Herrmann. Scharfe Kritik übte der bayerische Innenminister an den Plänen der Ampel-Koalition, die weniger Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen zahlen will, aber weitere humanitäre Aufnahmen von Asylbewerbern plant.

Herrmann spricht von einer generell dynamischen Entwicklung im Asylbereich. Die Zahl der Erstanträge ist mit 148.233 im vergangenen Jahr in Deutschland um 44,5 Prozent gestiegen. Von Januar bis Juni 2022 wurden in Deutschland 84.583 Asylerstanträge gestellt, 43,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Herrmann: „Bayern ist sich der Verantwortung zur Aufnahme von Flüchtlingen selbstverständlich bewusst und nimmt entsprechend Geflüchtete auf.“  Zum Stand 27. Juli waren es sogar 9.000 Geflüchtete mehr als die Quote vorsehe. Er sei deshalb dankbar, dass in Bayern alle Beteiligten gemeinsam daran mitwirken, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine neben dem regulären Migrationsgeschehen zu bewältigen.

„Ganz im Gegensatz zum Bund“, kritisierte Herrmann. „Denn der wird seiner Verantwortung hier nicht gerecht. Mit seinen jüngsten Aufnahmezusagen im Rahmen des Europäischen Solidaritätsmechanismus handelt er einseitig und ausschließlich zur Lasten der Länder." Es sei völlig indiskutabel, dass die Ampelkoalition nicht mehr, sondern sogar weniger Mittel für die Unterbringung von Flüchtlingen zahlen will. „Aber sie plant ohne Beteiligung der Länder in einer Situation ohnehin steigender Asylzahlen weitere humanitäre Aufnahmen von Flüchtlingen aus anderen Kontinenten.“ Länder und Kommunen seien mit der Versorgung von Kriegsflüchtlingen noch mehr als ausgelastet. Herrmann erwartet sich zumindest, dass der Bund die zusätzlichen Kosten übernimmt und mit den Ländern zusammenarbeitet.

Herrmann dankte ausdrücklich den Kommunen und Ehrenamtlichen, die in den vergangenen Monaten Unglaubliches geleistet hätten. Für den Freistaat sei es mehr als hilfreich, wenn solche Gebäude wie der Himbeerpalast sowohl als Notunterkunft für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine als auch zur Unterbringung regulärer Asylbewerber vorübergehend genutzt werden kann. "Hier in Erlangen stehen insgesamt 400 Plätze zur Verfügung. Gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium sind wir übereingekommen, dass die Stadt Erlangen und der Freistaat Bayern den Himbeerpalast bis Ende des Jahres 2023 unentgeltlich für die Flüchtlingsunterbringung nutzen dürfen. Das Innenministerium wird die notwendigen Kosten dieser Nutzung der gesamten Einrichtung selbstverständlich vollständig tragen. Die Planungen für den Umbau in ein Universitätsgebäude laufen voll weiter. Die Bauarbeiten beginnen voraussichtlich Anfang 2024.“